Auch heute noch wird die Große (oder Gewöhnliche) Brennnessel von einigen Kaninchenzüchtern als Futtermittel verschmäht oder ignoriert, obwohl diese eine nicht zu verachtende Bereicherung des Speiseplans der Kaninchen darstellt.
Als Stickstoffzeiger wächst diese allseits gut bekannte Pflanze mit den Brennhaaren an vielen Stellen in der freien Natur und kann dort auch recht leicht geerntet werden. Die ausdauernden Brennnesselstauden erreichen Wuchshöhen bis zu drei Metern. Für unsere Zwecke sind jedoch vor allem die jüngeren, damit kürzeren, zarteren und nährstoffreicheren Triebe vor der Blütezeit zwischen Juli und Oktober interessant.
Frisch oder getrocknet?
Der Züchter muss ausprobieren, ob seine Kaninchen bereits die frisch gemähten Brennnesseln fressen. Denn längst nicht alle Kaninchen nehmen sie in diesem Zustand an. Die meisten Tiere fressen sie erst nach einigen Tagen, wenn man sie zum Welken im Stall belässt. Man kann die Pflanzen daher auch gleich nach der Ernte ein paar Tage anwelken lassen, bevor man sie den Tieren reicht. In diesem Zustand werden sie dann aber von fast allen Kaninchen sehr gern gefressen.
Ein ganz besonderer Leckerbissen ist das Brennnesselheu. Zu beachten ist hier allerdings, dass die Brennnesseln überaus schonend getrocknet werden müssen, um ein Abbröckeln der wertvollen Blätter zu verhindern.
Reich an verdaulichem Eiweiß und Vitamin C
Frische bzw. angewelkte Brennnesseln und das Brennnesselheu haben einen sehr hohen Nährwert und sind besonders leicht verdaulich. Brennnesselheu hat je nach Erntezeitpunkt einen Roheiweißgehalt von ca. 22 %, einen Rohfasergehalt von über 15 % und enthält rund 16 % verdauliches Eiweiß. Weiterhin enthalten Brennnesseln viele Spurenelemente wie Eisen, Silicium, Magnesium, Kalzium und reichlich Vitamin C.
Kenner und Feinschmecker essen die Pflanze ähnlich wie Spinat, in der Volksmedizin wird die Brennnessel seit langer Zeit als Rheumamittel und harntreibender Tee geschätzt, und Gärtner nutzen kieselsäurehaltige Brennnesseljauche als Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmittel.
All dies sind Beweise genug, um die Brennnessel auch für die Kaninchenzucht zu entdecken und sie auch dort als gelegentliches Futtermittel einzusetzen. Beachtet werden sollte allerdings, dass die Brennnesseln (wenn sie am Weges rand geerntet werden), nicht mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt worden sind. Sie sollten wegen möglicher Belastungen auch nicht von Rändern viel befahrener Straßen stammen.
Ach, übrigens…
Der Brennnessel gebührt nicht nur aus den zuvor genannten Gründen ein besonderer Ehrenplatz im Züchtergarten. Denn sie ist eine wichtige Futterpflanze für die Raupen von rund 25 Schmetterlingsarten. Für vier heimische Tagfalter ist sie sogar die einzige Futterpflanze: Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral und Landkärtchen. Weitere 20 Arten leben und fressen auf der Brennnessel, aber auch auf anderen Pflanzen, beispielsweise der Admiral, das Landkärtchen u.a.
Autor: Oskar Wolf