„Man hält die zahmen Kaninchen in einem gepflasterten oder gedielten Stalle … gibt ihnen viel Stroh und trockenes Moos, schützt sie gegen die Kälte im Winter und füttert sie mit Heu, Gras, Blättern, Kohl und so weiter.“
So beschrieb Alfred Edmund Brehm, der große Naturbeobachter und Autor des nach ihm benannten Tierlebens, die Wünsche unserer Kaninchen.
Tatsächlich war ja in früheren Tagen gekauftes Kaninchenfutter noch kein Thema, stattdessen waren „Saft- und Kraftfutter“aus dem Garten oder vom Wegesrand die einzig denk- und greifbare Nahrung. Das hat sich heute natürlich grundlegend geändert.
Dennoch sind Kräuter und frisches Grün auch bei unseren modernen Kaninchen – sobald sie sich daran gewöhnt haben – nach wie vor der Hit. Allerdings sollte man ein Tier, das Körner- und Fertigfutter gewöhnt ist, niemals zu schnell auf zu große Mengen Frischfutter umstellen. „Denn Kaninchen haben ein sehr kompliziertes und störanfälliges Verdauungssystem sowie einen Magen mit schwachen Muskeln, die zum Weitertransport der Nahrung in den Darm nur wenig beitragen können“, mahnt das Deutsche Grüne Kreuz (DGK).
Das bedeutet: Ein Kaninchen kann sich nicht übergeben, und es muss ständig Nahrung aufnehmen, damit das „nachdrängende“ Futter den Nahrungsbrei in den Darm weiterschieben kann. Ist die Nahrungsaufnahme des Tieres dagegen behindert, die Bewegung seines Darmes einschränkt, die Bildung und Abgabe von Verdauungsenzymen gestört oder die Zusammensetzung des Darminhaltes verändert, führt dies innerhalb kürzester Zeit zu Verdauungsstörungen. „Besonders dramatisch verlaufen dabei akute Magenblähungen wie die Trommelsucht!“
Trommelsucht – auch „Blähsucht“, Aufgasung oder Tympanie genannt – äußert sich durch eine allgemein Unruhe. Das Tier atmet schwer, „knirscht“ mit den Zähnen, hat Schmerzen und „trommelt“ mit den Hinterläufen. Zudem ist derBauch deutlich gebläht, die Bauchdecke gespannt, und das Futter wird verweigert.
Die Blähung des Bauches kann bis zu Atemnot und Kreislaufkollaps führen. „Die Tiere liegen dann mit weit aufgerissenen Augen bewegungslos im Käfig!“
Tatsächlich kann die Krankheit ohne tierärztliche Hilfe binnen weniger Stunden zum Tod führen. Oft ist bereits eine falsche oder auch nur veränderte (!) Ernährung der Auslöser. In Betracht kommen zudem bakterielle Auslöser (Colibakterien) oder ein Parasitenbefall (Kokzidien).
Meist ist jedoch, so das Fazit der Tierärzte, die Verfütterung leicht gärfähiger Futtermittel – dazu zählen neben feuchtem oder erwärmtem Grünfutter vor allem auch Kohlgewächse – der Auslöser. Die sollte man also eher mit Bedacht und in geringen Mengen einsetzen. Kaltes, gar angefaultes Futter ist natürlich reines „Gift“ und ebenfalls häufig Auslöser von Trommelsucht! Stellt der Tierarzt diese Diagnose, müssen sofort Grün- und Saftfutter für längere Zeit aus dem Stall verbannt werden. Heu und gutes Stroh darf und sollte dagegen im Käfig verbleiben.
Grünzeug ist nun natürlich nicht völlig tabu, denn getrocknete (!) Kräuter wie Pfefferminze, Dill, Kamille, Melisse und Schafgabe wirken lindernd und krampflösend und dürfen daher gerne mit dem Heu vermischt werden. Auch Fenchel- oder Kümmeltee wirken entkrampfend.
Gefährlich und unsinnig ist dagegen eine Wärmebehandlung in jeglicher Form. Die bei Bauchschmerzen „altbewährte“ Wärmflasche würde nämlich die Gärprozesse nur noch weiter anheizen!
Dagegen empfiehlt das DGK eine vorsichtige Bauchmassage, die das Futters sanft weiterleitet und damit die Therapie des Tierarztes, die auf eine Magenentleerung zielt, unterstützt.
Vorbeugung freilich ist, auch bei unseren Tieren, nach wie vor die beste Medizin. Tatsächlich kann man sich und seinem Kaninchen mit gut temperiertem Saftfutter, das nur langsam und mit Bedacht verabreicht wird, viel Kummer ersparen.
Autor: Peter Hoffmann