In der Kaninchenzeitung Nr. 3/2010 ging es um den Anbau von Kohlrabi, Markstammkohl und Grünkohl sowie entsprechende Fütterungshinweise. Alle drei Futterarten zeichnen sich bei günstigen Bodenverhältnissen und rechtzeitigem Anbau durch hohe Erträge und gute Grundlage für die Herbst- und Winterfütterung unserer Kaninchen aus. Diesmal soll es um Tipp und Ratschläge für den Anbau von Luzerne, Futterraps und Sonnenblumen gehen.
Luzerne – Königin der Futterpflanzen
Wegen ihrer vielen Vorzüge wird die Luzerne, die zu den Leguminosen gehört, auch als Königin der Futterpflanzen bezeichnet. Sie besitzt die Fähigkeit, mithilfe von Knöllchenbakterien (Rhizobien) Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und unabhängig vom Stickstoff im Boden Pflanzeneiweiß zu bilden. Luzerne wird in vielen Ländern mit den unterschiedlichsten Boden- und Klimaverhältnissen sehr erfolgreich angebaut.
Die Aussaat erfolgt bei uns von März bis August. Das Saatgut wird in 2 bis 3 cm Tiefe in die Erde gebracht. Luzerne bevorzugt mittlere, leicht lehmige, verdichtete Böden. Anbauflächen mit einem hohen Grundwasserstand sind für diese Futterpflanze nicht geeignet.
Die Pflanzen sollten bei mehrmaligem Schnitt mindestens einmal im Jahr zur vollen Blüte kommen, weil dadurch der erneute Aufwuchs und die weitere Nutzung gefördert werden. Interessant ist, dass Luzerne vorwiegend von Hummeln und kaum von Bienen befruchtet wird.
Die Stickstoffbindung, die durch Luzerne im Boden entsteht, verbessert dessen Leistung erheblich. Außerdem lockert Luzerne durch ihre langen Pfahlwurzeln den Boden, sodass diese weitverbreitete Grünfutterpflanze in der Regel ohne Zugabe von mineralischen oder organischen Düngern einen sehr hohen Ertrag bring. Abhängig vom regionalen Klima erreicht die Luzernepflanze ein Alter von fünf bis zwölf Jahren. Die wertvolle Futterpflanze wird in der intensiven Landwirtschaft bei drei- bis viermaligem Schnitt pro Vegetationsperiode meist zwei bis drei Jahre genutzt. Kleintierhalter nutzen derartige Anbauflächen für ihre Grünfutter- und Heugewinnung jedoch erheblich länger. Ist genug Platz vorhanden, wird zu einem neuen Garten- oder Feldstück gewechselt.
Der erfolgreiche Kleinchinchillazüchter Jochen Teschler aus dem Kaninchenzuchtverein S 464 Roßwein baut schon seit vielen Jahren in seinem Garten Luzerne an und hat gute Erfahrungen gesammelt. Er bringt den Samen breitwürfig auf die vorbereitete Fläche aus. Danach arbeitet er ihn mit dem Rechen leicht in den Boden ein und verdichtet abschließend durch geringes Anklopfen die Erde der Saatfläche. Die Luzernesaat läuft sehr zuverlässig auf und wächst zügig bis zum ersten Schnitt, dem bis zum Herbst noch weitere folgen. Der Züchter füttert seine Kaninchen, auch die Jungtiere, das ganze Sommerhalbjahr hindurch mit Luzerne und hat dadurch keinerlei Erkrankungen oder gar Tierverluste zu verzeichnen.
Sein Luzerneheu gewinnt der Züchter auf Reutern, um den Bröckelverlust so gering wie möglich zu halten. Jedoch gibt es ein Problem auf der südwärts gelegenen Luzernefläche: Die Mäuse fühlen sich im schmackhaften Grünfutter und erdwärts inmitten der ebenfalls bekömmlichen Luzernewurzeln offensichtlich sehr wohl. Da eine Bekämpfung der Schadnager durch Gift auf Futterflächen nicht infrage kommt, bleibt ihm nur der mühsame Einsatz von Schlagfallen oder ab und zu der Wechsel der Anbaufläche.
Futterraps – Beigabe zur Grasfütterung
Sommer- und Winterraps gehören zu den Kreuzblütlern und werden von Kaninchenzüchtern auch auf kleinen Flächen angebaut. Der Vorteil von Raps besteht im problemlosen Anbau auf relativ einfachen Böden mit hohen und sicheren Erträgen. Futterraps verträgt gut eine natürliche Stickstoffdüngung, also Kaninchendung oder Gülle.
Bedingt durch seinen starken Wuchs lohnt sich der Anbau auch noch bei etwas späterer Aussaat bis Mitte August mit Sommerrapssorten. Blattreicher und damit wertvoller für die Fütterung ist jedoch der Winterraps, der im Herbst für das kommende Jahr ausgesät wird. Im Gegensatz zur Luzerne treibt Raps nach dem Schnitt nicht nach.
Einer, der den Futterwert von Raps sehr zu schätzen weiß und Raps deshalb schon seit Jahrzehnten an seine Kaninchen verfüttert, ist Franz Gobsch, ebenfalls vom Kaninchenzuchtverein S 464 Roßwein. Sein Zuhause ist seit jeher das Dorf, und so ist er eng mit der Landwirtschaft verbunden. Bei ihm gehört es einfach dazu, ausgesuchten Futterpflanzen neben gutem Wiesengras den Vorrang gegeben. Seit 1951 züchtet er schon seine schwarz-weißen Holländer und baut auch im eigenen Grundstück im begrenzten Umfang Futterraps an, meist als Nachfolgekultur auf den Kartoffelflächen. Der Raps bringt ihm wertvolles Grünfutter. Viel Wert legt Franz Gobsch auf den Hinweis, dass man Raps nicht in großen Mengen, sondern als Beigabegrünfutter an die Tiere reicht. Dazu gehöre auch immer reichlich gutes Heu als Ausgleich für die Verdauung! Das ist besonders für die Jungtiere wichtig, wird leider aber oft übersehen.
Übrigens habe ich Franz Gobsch kennengelernt, als ich ihn einmal zur Vorbereitung eines Beitrages über die Silagefütterung besuchte. Denn auch auf diesem Gebiet kann der alte Züchterfuchs auf große Erfahrungen und beste Fütterungserfolge verweisen.
Sonnenblumen – der grüne Leckerbissen
Die auf der ganzen Welt verbreiteten Sonnenblumen gehören zu den Korbblütlern. Sie werden in erster Linie zur Gewinnung von Sonnenblumenöl landwirtschaftlich genutzt. Doch auch in der Kleintierzucht haben sich Sonnenblumen seit Langem als Futterpflanzen bewährt. In meinem Garten stehen immer Sonnenblumen als Randbegrenzung, oder auch mal mittendrin, nicht selten als Hinterlassenschaft der Winterfütterung unserer einheimischen Vogelwelt, die so manchen Sonnenblumenkern fallen lassen.
Bei Sonnenblumen gibt es verschiedene Typen: Den Öltyp mit besonders vielen Röhrenblüten und geringem Schalenanteil der Kerne sowie den Futtertyp, der auffallend viele Blätter bildet. Das ist für die Grünfütterung an unsere Tiere der beste. Und es gibt noch den Typ mit kleinen Blüten, sozusagen den Ziertyp für die Blumenvase.
Sonnenblumen bevorzugen tiefgründige, humus- und nährstoffreiche Böden. Die erste Aussaat erfolgt im April in nicht zu dichten Reihen bei einer Saattiefe von 4 bis 6 cm. Die jungen Pflanzen werden bei einer Größe von etwa einem Meter vereinzelt und schon an die Kaninchen gefüttert. Die Tiere fressen die Blätter gierig, einschließlich der Stengel. Sobald die herrlich goldenen Blütenkörbe auch auf der Rückseite gelb werden, können sie für das spätere Entkernen geerntet werden. Den reifen Fruchtboden und Stengel samt Blättern fressen Kaninchen sehr gern. Sind die Stengel etwas hart, spalte ich sie und reiche sie in Stücken als Beigabe. Das Stengelmark der Sonnenblume ist bei den Kaninchen besonders begehrt.
Im Winter füttere ich Sonnenblumenkerne an meine Kaninchen, natürlich sehr maßvoll. Bekanntlich bekommt das Fell dann einen schönen Glanz, was vor allem für Ausstellungstiere von Vorteil ist. Das Futter kaufe ich allerdings im Fachhandel.
Die Futterpflanzen im Vergleich
- Die Luzerneist von den hier vorgestellten Futterpflanzen vor allem wegen ihres Eiweißgehaltes, der guten Bekömmlichkeit und nicht zuletzt wegen ihres hohen Ertrages bei fachgerechten Schnittfolgen die nützlichste.
- Futterrapsals ebenfalls gehaltsvolle kleine Beigabe kommt dem Verlangen unserer Kaninchen nach, auch besondere Futterpflanzen auswählen und fressen zu können. Er stellt gewissermaßen das „Dessert“ der Futtermahlzeiten dar.
- Sonnenblumenbringen auf guten Böden respektable Erträge an Grünfutter. Man kann mit 75 kg Grünmasse von 10 m2 rechnen. Der Eiweißgehalt der Pflanze sorgt für beste Futterverwertung.
Vielleicht entschließt sich doch der eine oder andere, diesen Futterpflanzen bei eigenem, kostensparendem Anbau künftig wieder mehr Platz einzuräumen.
Autor: Lothar Thormann